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Christian Schlicke (8. August 1937 – 5. Juli 2023)

Am 5. Juli 2023 ist Landeskirchenmusikdirektor i. R. Christian Schlicke nach schwerer Krankheit kurz vor Vollendung seines 86. Lebensjahres in Berlin verstorben.

Christian Schlicke wurde am 8. August 1937 in Oederan/Sachsen geboren. Nach dem Besuch der Grundschule in Oederan und Oberschule in Freiberg/Sachsen, wo er seit 1953 auch am  dortigen Dom Orgelunterricht an der berühmten Silbermann-Orgel erhielt, studierte er von 1955 bis 1959 an der Hochschule für Musik in Berlin-Charlottenburg das Fach Kirchenmusik und legte im Juli 1959 die Staatliche Prüfung für Kirchenmusiker (A-Prüfung) ab. Auf Grund seiner hervorragenden Leistungen konnte er noch ein weiteres Jahr Aufbaustudium absolvieren und trat im Sommer 1960 seine erste Kirchenmusikstelle in Saarbrücken an. Wegen seiner Verbundenheit zu Berlin wechselte er bereits 1961 an die Heilandskirche in Berlin-Tiergarten, wo er bis 1984 als Kantor und Organist tätig war. Zusätzlich war er auch seit 1967 als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik Berlin (der späteren Hochschule der Künste), als Leiter des Staats- und Domchores und seit 1975 auch als Leiter des Kirchenmusikalischen C-Seminar tätig. 1982 erfolgte seine Ernennung zum Kirchenmusikdirektor.

 

1984 richtete die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg (für Westberlin) erstmalig eine Vollzeitstelle für einen Landeskirchenmusikwart ein und berief Christian Schlicke mit Wirkung vom 1. Januar 1985 mit der Amtsbezeichnung Landeskirchenmusikdirektor auf diese Stelle in der Nachfolge von Prof. Helmut Barbe, der dieses Amt bislang im Nebenamt bekleidete.

 

Als Landeskirchenmusikdirektor leitete er weiterhin das Kirchenmusikalische C-Seminar, ebenso wie zusätzlich hinzukommende Ausbildungsaktivitäten der Landeskirche. In den ersten Jahren seiner Amtszeit war Christian Schlicke zudem stark in die Entstehung des 1993 erschienenen Evangelischen Gesangbuches eingebunden. Als 1989 die Mauer fiel gestaltete er die verbundenen Folgen und Veränderungen in Kirche und Gesellschaft maßgeblich mit. Er sorgte zusammen mit seinem Kollegen Landeskirchenmusikdirektor Gottfried Weigle aus dem ehemaligen Ostteil der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg für eine konstruktive Zusammenführung der Systeme und leitete nach Weigles frühem Tod ab 1997 die Kirchenmusik der wiedervereinigten Landeskirche in alleiniger Verantwortung. Christian Schlicke verstand es mit Geschick, Umsicht, fairer Sachlichkeit, Wertschätzung und Freundlichkeit trotz aller Abbrüche und Veränderungsnotwendigkeiten die Gemeinschaft der Kirchenmusiker:innen für ihren Dienst unter neuen Vorzeichen zu motivieren und sorgte dafür, dass die Qualität der Kirchenmusik nicht nur erhalten blieb, sondern sich auch weiterentwickelte. Über viele Jahre war das durch sein Büro erstellte Heft „Musik in evangelischen Kirchen“ das maßgebliche Veröffentlichungsorgan für kirchenmusikalische Veranstaltungen in der Landeskirche.

 

Während seiner Jahre als Landeskirchenmusikdirektor blieb Christian Schlicke stets als Organist musikalisch hoch aktiv. Dies primär im Rahmen von Orgelaufträgen, zunächst an der Heilandskirche, und ab 1998 an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, wo er auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2002 für viele weitere Jahre als Organist in Gottesdiensten, Andachten und als Continuospieler des dort ansässigen Bach-Chores wirkte. 

 

Darüber hinaus war Christian Schlicke ab Ende der 1990er Jahre bis Anfang 2018 Organist bei den Christlichen Morgenandachten in der Kapelle des Deutsche Bundestages. Ferner war er ab 2005 Organist an der Wagner/Kern-Orgel im kirchenmusikalischen Team der St. Marienkirche in Mitte und vom 1. November 2004 bis 30. September 2005 auch als Domorganist ad interim am Berliner Dom künstlerisch tätig.

 

Er war darüber hinaus Mitglied der Paul-Gerhardt-Gesellschaft, Vorsitzender des Orgelfördervereins St. Marien und Ehrenvorsitzender der Ernst-Pepping-Gesellschaft.

 

Christian Schlicke beschäftigte sich mit Orgelkompositionen aller Epochen. Dies belegen zahlreiche Rundfunkaufnahmen. Besonders angenommen hat er sich der Orgelwerke von Ernst Pepping (1901-1981). Dessen "Großes Orgelbuch" mit 40 Choralvorspielen und Orgelchorälen durch das Kirchenjahr spielte er 1977 ein. Im Sommer 2012 nahm er außerdem an der Schuke-Orgel der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche das Orgelbüchlein von J.S. Bach auf. Diese Aufnahmen sind ein lebendiges Zeugnis für sein gleichermaßen auf Präzision bedachtes wie leidenschaftliches Musizieren und seiner Liebe zu einer gelungenen neobarock gedachten Werkorgel. Darüber hinaus ist Christian Schlicke in seinem langen Berufsleben als Organist in zahlreichen Konzerten und Festivals hervorgetreten. 

 

Christian Schlicke hinterlässt seine Ehefrau Annette, mit der er seit 1966 verheiratet war, fünf Kinder und fünfzehn Enkelinnen und Enkel.

 

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz verliert mit ihm einen profunden, feinsinnigen und stets auf eine gute liturgische wie künstlerische Balance achtenden Kirchenmusiker, dem die gesamte Kolleg:innenschaft mit hohem Respekt begegnet ist. Er zeigte bis zuletzt lebhaftes Interesse am kirchenmusikalischen Leben der Landeskirche und ließ sich weiter daran beteiligen, dies auch durch ausgewählte kompositorische Beiträge in landeskirchlichen Veröffentlichungen. Er war mit Leib und Seele Kirchenmusiker und hat damit auch seine Ämter und Funktionen mit erfahrenem fachlichen Blick und besonnenen Urteil geführt, aber auch mit sympathischen Pragmatismus und gesunder Distanz zu allem Bürokratischen.  Dabei war er stets weitsichtig, ausgewogen, respektvoll, wertschätzend, angenehm höflich, gänzlich unprätentiös und immer völlig authentisch in seiner unnachahmlichen Mischung von Ernsthaftigkeit, feinem Witz, Sinn für Humor - und all dies eingebettet in den nie verleugneten wohligen Klang seines heimatlichen Idioms.

 

Die Evangelische Kirche insgesamt ist Christian Schlicke für sein breites Wirken zu großem Dank verpflichtet und wird ihn in ehrendem Angedenken behalten.

 

Berlin, 6. Juli 2023

Prof. Dr. Gunter Kennel

Landeskirchenmusikdirektor

 



HIER
finden Sie Stimmen zum Tod von LKMD i.R. Christian Schlicke.

Der Trauergottesdienst und die anschließende Beisetzung fanden am 06.09.2023 statt.

Maria Scharwieß ist heimgegangen

Hier finden Sie die von LKMD Prof. Dr. Kennel zur Beisetzung am 04.12.2023 gehaltene Trauerrede.

Letzte Änderung am: 05.01.2024